Die Canon EOS 550D

• etwa 2.400 Worte

aus Sicht eines Fotografen & im Vergleich mit der Canon 400D

Seit 2007 besitze ich eine Canon EOS 400D und eine wachsende Ausstattung dafür. Nun testete ich die neue 550D, eine um drei Jahre und drei Kamera-Generationen fortgeschrittene Kamera. Ich testete aber keineswegs im Labor, sondern — ganz im Gegenteil — im Urlaub.

Ich bin begeis­ter­ter Hobby-Foto­graf. Ich beschäf­tige mich inten­si­ver mit dem Foto­gra­fie­ren seit ich im Som­mer 2007 eine Canon EOS 400D gekauft habe. Mit ihr habe ich alles an foto­gra­fi­scher Tech­nik, die ich heute beherr­sche, gelernt. Ich kann ohne hin zu sehen, jede Ein­stel­lung an ihr vor­neh­men, die ich möchte.

Inhalts­ver­zeich­nis

Die 400D ist mitt­ler­weile genau zu dem gewor­den, was sie immer hätte sein sol­len: Das unauf­fäl­lige Werk­zeug zum Foto­gra­fie­ren, das mir es (auf magi­sche Weise) ermög­licht, Licht ein­zu­fan­gen und fest­zu­hal­ten, aber dabei selbst kaum im Weg ist. Und genau das ist für mich das wich­tigste an einer Kamera. Was ich tun möchte nennt sich Foto­gra­fie­ren, nicht Kamera bedie­nen. Natür­lich ist es uner­läss­lich, dass ich die Kamera bediene, aber es sollte so intui­tiv und unbe­wusst sein wie nur irgend­wie mög­lich.

Aus die­sen Grün­den ist es für mich auch nicht beson­ders ein­fach, die Kamera zu wech­seln. Natür­lich war ich immer fas­zi­niert, neue Kamera-Modelle zu sehen oder ganz andere Kon­zepte ande­rer Her­stel­ler aus­pro­bie­ren zu kön­nen. Aber im Grunde war es immer so, dass ich es zu umständ­lich fand, meine Gewohn­heit (Bedie­nung der 400D) zu ändern, als dass es mir mehr Vor­teile gebracht hätte.

Außer­dem konnte ich etwas ande­res beob­ach­ten: Neben sicht­li­chen Ver­ein­fa­chun­gen in der Bedie­nung (Auto-ISO, ISO-Anzeige im Sucher, usw.) kam auch immer ein neuer Schwall an Funk­tio­nen dazu, der mich eigent­lich gar nicht inter­es­sierte. Alle Her­stel­ler mei­nen anschei­nend, dass ihre Kun­den Motiv-Pro­gramme toll fin­den und dass sie einen Knopf brau­chen, um direkt von der Kamera aus dru­cken zu kön­nen. Bei­des habe ich noch nie (wirk­lich: nie) benutzt. Es ist ein­fach nur im Weg.

Ein wür­di­ger Nach­fol­ger?

Meine 400D wird nicht ewig hal­ten, ganz im Gegen­teil, die Gebrauchs­spu­ren machen sich nach min. 40.000 Aus­lö­sun­gen doch bemerk­bar. Und tech­ni­scher Fort­schritt ermög­licht fast Tag für Tag eine Ver­bes­se­rung der Bild­qua­li­tät dank neue­rer Sen­so­ren und Pro­zes­so­ren. Doch bei jeder neuen Kamera stelle ich mir die Frage: Ist es das wert? Über­wie­gen die Vor­teile so stark, dass ich viel Geld aus­ge­ben und meine Bedie­nungs-Gewohn­hei­ten ändern möchte?

Ich wollte bei Canon blei­ben. Andere Her­stel­ler machen schlech­tere, gleich­wer­tige und durch­aus auch bes­sere Kame­ras, aber ich habe eine Canon-Aus­rüs­tung, bin an die Canon-Bedie­nung gewöhnt und das ein­zige, was mich wirk­lich rei­zen würde, wäre eine unbe­zahl­bare Leica M9[1]. Wer hier einen Her­stel­ler-über­grei­fen­den Ver­gleich erwar­tet hat, wird also lei­der ent­täuscht. Bitte woan­ders umse­hen — ich will kei­nem eine Canon auf­zwin­gen.

Nach der 400D brachte Canon die 450D her­aus (ich ver­linke die Kame­ras zu Ama­zon, dort gibts tech­ni­sche Details und so). Live-View und Auto-ISO waren mir keine 600€ wert. Die 1000D ist eine wirk­lich nette und vor allem güns­tige Ein­stei­ger-Kamera, aber kein Upgrade von einer 400D. Die 500D konnte halb­wegs Videos auf­neh­men, und hatte neben mehr Pixeln irgend­wel­ches Soft­ware-Spiel­zeug, ich erin­nere mich nicht mehr.

Dann kam die Canon 550D die­ses Jahr. Sie hat im Ver­gleich zur 400D nun 18 statt 10 Mega­pi­xel, ISO von 100 bis 12800 — bis 3200 gut brauch­bar und mit (begrenz­ba­rem) Auto-ISO ange­nehm zu igno­rie­ren — und kann auch ver­nünf­tig in HD fil­men. Außer­dem, und das ist kei­nes­wegs zu miss­ach­ten, hat sie einen viel bes­se­ren Bild­schirm, auf dem sich die gemach­ten Bil­der tat­säch­lich betrach­ten und bewer­ten las­sen.

Das gab mir zu den­ken.

Die 550D

Da ich einen Urlaub vor mir hatte, von dem ich mir viele gute Foto-Motive ver­sprach, wollte ich mir die Canon 550D lei­hen. Ich wollte sie ein­fach mal tes­ten, und auch ein­fach nach drei Jah­ren ein­mal mit einer ande­ren Kamera foto­gra­fie­ren. Hier sind meine Erfah­run­gen damit. Sie sind sub­jek­tiv und ohne High-ISO-Ver­glei­che. Neben­her noch ein paar Fotos, die ich mit der 550D gemacht habe.

Photograph: How Can It Not Be This Way by Pascal Hertleif Photograph: Wake Up II by Pascal Hertleif Photograph: All In All by Pascal Hertleif
Vergleich: Canon 400D und Canon 550D
Ver­gleich: Canon 400D (links) und Canon 550D (rechts)

Alles in Allem muss ich sagen, man bemerkt 3 Jahre Wei­ter­ent­wick­lung natür­lich recht deut­lich. Und über die letz­ten 2 Wochen habe ich mich sehr schnell an Dinge wie Auto-ISO, ISO-Anzeige im Sucher und auch an das viel bes­sere Dis­play gewöhnt. Doch habe ich des­we­gen bes­sere Bil­der gemacht? Oder: Wären meine Ergeb­nisse mit der 400D schlech­ter gewe­sen? Ganz im Ernst, ich glaube kaum. Tech­nisch gese­hen viel­leicht schon, aber die Bild-Inhalte wären die­sel­ben gewe­sen.

Das Ein­zige, was ich defi­ni­tiv nicht mit nach Hause gebracht hätte, wären die klei­nen Video­clips, die ich zwi­schen­durch gedreht habe. Aber so künst­le­risch wert­voll sind die auch (noch) nicht, dafür bräuchte ich noch mehr Übung und vor allem mehr Geduld. Ich möchte euch aber trotz­dem mein ers­tes Ergeb­nis nicht vor­ent­hal­ten, ich habe einen klei­nen Zusam­men­schnitt hier drun­ter ein­ge­bun­den (dau­ert etwa 2,5min).

550D Demo from Pas­cal on Vimeo.

Das Glas

So, genug über die Kamera gere­det; spre­chen wir über das, was wirk­lich einen Unter­schied macht: Das Objek­tiv.

Zu der 550D hatte ich auch das Canon EF-S 15-85mm als Immer-drauf dabei. Im Gegen­satz zu der Plas­tik-Scherbe "18-55mm" (hier die IS-Ver­sion) an mei­ner 400D war auch das ein rie­sen Unter­schied. Das 15-85 hat 3mm mehr Weit­win­kel, 30mm mehr Tele­win­kel, Bild­s­ta­bi­li­sa­tion und einen Ultra­schall­mo­tor. Außer­dem wiegt es drei­mal so viel wie das 18-55 (das Gewicht der Kamera ist des­we­gen auch für mich nicht wich­tig).

Viele Fotos hätte ich ohne die­ses Objek­tiv tat­säch­lich nicht machen kön­nen, weil ich diese Brenn­wei­ten ein­fach nicht zur Ver­fü­gung habe.

Außer­dem, und das ist nicht zu ver­ach­ten: Was brin­gen mir 18 Mega­pi­xel, wenn mein Objek­tiv nicht scharf genug abbil­det, um 4 zu fül­len? Das alte 18-55-Kit ist nicht schlecht; ich habe viele gute Bil­der damit gemacht. Aber das 15-85 ist viel bes­ser.

Was noch bes­ser ist? Meine Fest­brenn­wei­ten, die um eini­ges weni­ger gekos­tet haben: Das Canon 28mm f/​1.8, das Canon 50mm f/​1.8 und das Tokina 100mm f/​2.8.

Es geht auch anders

Noch­mal etwas ganz wesent­li­ches: Eine bes­sere Kamera macht nicht unbe­dingt bes­sere Bil­der. Wirk­lich. Viele set­zen ihre Hoff­nung dar­auf, dass eine neue, teure Kamera mit mehr Mega­pi­xel und tol­len Auto­ma­tik-Modi bes­sere Bil­der macht. Tat­säch­lich ist es aber mei­ner Erfah­rung nach so, dass es größ­ten­teils auf einen selbst ankommt. Was ich aber den­noch schon oft erlebt habe, ist, dass man bes­sere Bil­der mit einer neuen Kamera macht, weil man es dank die­ser Anschaf­fung ein­sieht, wie­der etwas dazu ler­nen zu wol­len, und von Gewohn­tem abwei­chen möchte, was dann zu der Ver­bes­se­rung führt.

Photograph: What a View by Pascal Hertleif Photograph: Shine On II by Pascal Hertleif Photograph: Just What I Was Waiting For by Pascal Hertleif

Z.B. liebe ich es, mit einem Weit­win­kel eine Land­schaft zu foto­gra­fie­ren, wäh­rend ich auf dem Boden liege. Diese Hal­tung ermög­licht eine ganz neue Wahr­neh­mung der Umge­bung, es braucht aber auch etwas Über­win­dung, das über­haupt zu pro­bie­ren. Eine neue Kamera (eigent­lich jede neue Kamera) wie ich sie jetzt getes­tet habe, kann da aber auch etwas Abhilfe schaf­fen, z.B. mit "Live­View", d.h. man schaut aufs Dis­play statt auf den Sucher. Dadurch kann man sich hin­ho­cken, die Kamera auf den Boden legen und dann recht bequem diese Per­spek­tive aus­nut­zen, ohne sel­ber viel machen zu müs­sen. Was ich sagen will: Der Trick ist, auch ohne eine neue Kamera neue Sachen aus­zu­pro­bie­ren. So wird man bes­ser, und spart Geld.

Ein super Bei­spiel, wie man mit einer defi­ni­tiv nicht hoch­wer­ti­gen Kamera trotz­dem wirk­lich anspre­chende Fotos machen kann, ist die iPhone App "Hip­sta­ma­tic". Sie lässt einen mit der Kamera des iPho­nes Bil­der machen und ver­passt ihnen dann je nach Ein­stel­lung von Linse, Film und Blitz ein ein­zig­ar­ti­ges Aus­se­hen, dass an die Ergeb­nisse der Plas­tik-Kamera "Hip­sta­ma­tic" aus den 80ern erin­nern soll. Ich habe im Urlaub fast jeden Tag ein paar Bil­der damit gemacht und bin immer wie­der über­rascht, wie aus­drucks­stark diese Schnapp­schüsse sein kön­nen.

Fazit

Viel zu viel Text, wie immer. Aber was ist mein Fazit von all dem? Lohnt es sich, auf die 550D zu wech­seln? Und, Über­ra­schung, das hängt ganz davon ab, was man machen möchte. Für den Urlaub hat sie mir gehol­fen, ich habe eini­ges Neues gemacht und auch vie­les davon zu schät­zen gelernt. Aber: In nächs­ter Zeit werde ich wie­der regu­läre Fotos in alt-bekann­ter Umge­bung machen, selbst mit einer neuen Kamera. Und für mich als Stu­den­ten sind 700€ für eine Kamera sehr viel Geld. Klar, es ist dau­er­hafte Inves­ti­tion und es würde mei­nem Hobby sicher auch dau­er­haft wei­ter hel­fen; aber ich werde diese Inves­ti­tion jetzt noch nicht täti­gen, ein­fach, weil ich sie im nächs­ten hal­ben Jahr kaum nut­zen könnte. Und das wäre wirk­lich nur ver­schwen­det. Das ist meine per­sön­li­che Situa­tion.

All­ge­mein kann ich die Canon EOS 550D nur emp­feh­len. Wer noch keine Spie­gel­re­flex­ka­mera hat und sich über­legt, in die­ses Seg­ment ein­zu­stei­gen (auch wegen den dazu­ge­kom­me­nen HD-Video-Mög­lich­kei­ten), der wird an die­ser Kamera viel Freude haben. Was ich aber jedem auch nur raten kann: Vor­her ein­mal in einen Foto-Laden gehen und ver­schie­dene Kame­ras in die Hand neh­men.


  1. Die Leica M9 ist als Mess­su­cher-Kamera klei­ner (kein Spie­gel), ein­fa­cher zu bedie­nen und macht mit Leica-Objek­ti­ven defi­ni­tiv tech­nisch bes­sere Fotos — aber erwähnte ich den Preis? Selbst wenn ich mir eine 5000€-Kamera pro­blem­los leis­ten könnte, wäre ich mir nicht sicher, ob mir eine Kamera auch soviel wert wäre.

  2. Die Av-Taste (oder wie sie auch heißt) ist zum Ein­stel­len der einer alter­na­ti­ven Ein­stel­lung. Ja, das klingt komisch. Z.B.: Av drü­cken und am Wahl­rad dre­hen für Blen­den-Ein­stel­lung bei Manu­ell, ohne Av-Drü­cken wüde man die Belich­tungs­zeit ein­stel­len.