Ich bin begeisterter Hobby-Fotograf. Ich beschäftige mich intensiver mit dem Fotografieren seit ich im Sommer 2007 eine Canon EOS 400D gekauft habe. Mit ihr habe ich alles an fotografischer Technik, die ich heute beherrsche, gelernt. Ich kann ohne hin zu sehen, jede Einstellung an ihr vornehmen, die ich möchte.
Inhaltsverzeichnis
Die 400D ist mittlerweile genau zu dem geworden, was sie immer hätte sein sollen: Das unauffällige Werkzeug zum Fotografieren, das mir es (auf magische Weise) ermöglicht, Licht einzufangen und festzuhalten, aber dabei selbst kaum im Weg ist. Und genau das ist für mich das wichtigste an einer Kamera. Was ich tun möchte nennt sich Fotografieren, nicht Kamera bedienen. Natürlich ist es unerlässlich, dass ich die Kamera bediene, aber es sollte so intuitiv und unbewusst sein wie nur irgendwie möglich.
Aus diesen Gründen ist es für mich auch nicht besonders einfach, die Kamera zu wechseln. Natürlich war ich immer fasziniert, neue Kamera-Modelle zu sehen oder ganz andere Konzepte anderer Hersteller ausprobieren zu können. Aber im Grunde war es immer so, dass ich es zu umständlich fand, meine Gewohnheit (Bedienung der 400D) zu ändern, als dass es mir mehr Vorteile gebracht hätte.
Außerdem konnte ich etwas anderes beobachten: Neben sichtlichen Vereinfachungen in der Bedienung (Auto-ISO, ISO-Anzeige im Sucher, usw.) kam auch immer ein neuer Schwall an Funktionen dazu, der mich eigentlich gar nicht interessierte. Alle Hersteller meinen anscheinend, dass ihre Kunden Motiv-Programme toll finden und dass sie einen Knopf brauchen, um direkt von der Kamera aus drucken zu können. Beides habe ich noch nie (wirklich: nie) benutzt. Es ist einfach nur im Weg.
Ein würdiger Nachfolger?
Meine 400D wird nicht ewig halten, ganz im Gegenteil, die Gebrauchsspuren machen sich nach min. 40.000 Auslösungen doch bemerkbar. Und technischer Fortschritt ermöglicht fast Tag für Tag eine Verbesserung der Bildqualität dank neuerer Sensoren und Prozessoren. Doch bei jeder neuen Kamera stelle ich mir die Frage: Ist es das wert? Überwiegen die Vorteile so stark, dass ich viel Geld ausgeben und meine Bedienungs-Gewohnheiten ändern möchte?
Ich wollte bei Canon bleiben. Andere Hersteller machen schlechtere, gleichwertige und durchaus auch bessere Kameras, aber ich habe eine Canon-Ausrüstung, bin an die Canon-Bedienung gewöhnt und das einzige, was mich wirklich reizen würde, wäre eine unbezahlbare Leica M9[1]. Wer hier einen Hersteller-übergreifenden Vergleich erwartet hat, wird also leider enttäuscht. Bitte woanders umsehen — ich will keinem eine Canon aufzwingen.
Nach der 400D brachte Canon die 450D heraus (ich verlinke die Kameras zu Amazon, dort gibts technische Details und so). Live-View und Auto-ISO waren mir keine 600€ wert. Die 1000D ist eine wirklich nette und vor allem günstige Einsteiger-Kamera, aber kein Upgrade von einer 400D. Die 500D konnte halbwegs Videos aufnehmen, und hatte neben mehr Pixeln irgendwelches Software-Spielzeug, ich erinnere mich nicht mehr.
Dann kam die Canon 550D dieses Jahr. Sie hat im Vergleich zur 400D nun 18 statt 10 Megapixel, ISO von 100 bis 12800 — bis 3200 gut brauchbar und mit (begrenzbarem) Auto-ISO angenehm zu ignorieren — und kann auch vernünftig in HD filmen. Außerdem, und das ist keineswegs zu missachten, hat sie einen viel besseren Bildschirm, auf dem sich die gemachten Bilder tatsächlich betrachten und bewerten lassen.
Das gab mir zu denken.
Die 550D
Da ich einen Urlaub vor mir hatte, von dem ich mir viele gute Foto-Motive versprach, wollte ich mir die Canon 550D leihen. Ich wollte sie einfach mal testen, und auch einfach nach drei Jahren einmal mit einer anderen Kamera fotografieren. Hier sind meine Erfahrungen damit. Sie sind subjektiv und ohne High-ISO-Vergleiche. Nebenher noch ein paar Fotos, die ich mit der 550D gemacht habe.
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Was mir als erstes schon auffiel, war die andere Verarbeitung des Gehäuses.
Es ist im Gegensatz zur 400D aus einem anderen Plastik und hat an den Griffflächen der linken Hand eine angenehmen Gummierung. Außerdem sitzt zwischen Modus-Wahlrad und dem Zeigefinger-Drehrad (beim Auslöser) nun eine ISO-Taste.
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Die Rückseite ist gravierend umgestaltet. Statt mehren Reihen von Knöpfen dominiert nun der große Bildschirm die Rückseite.
Der Wiedergabe-Knopf (Anzeige der Fotos) sitzt jetzt rechts unten rechts am Screen, Menü- und Display-Knopf sind oberhalb, genau so wie oben links der neu hinzugefügte LiveView- und Videoaufnahme-Knopf Platz findet. Aber dadurch ist auch die Av-Taste[2] schlechter zu erreichen. Guter Kompromiss? Vielleicht.
Schön ist auf jeden Fall, dass viele Knöpfe etwas sinnvoller angeordnet sind und dem Display dennoch viel Platz einräumen. Auf dedizierte Knöpfe für "in der Wiedergabe in größeren Schritten springen" oder "Über USB drucken" wie sie an der 400D zu finden sind, hat Canon zum Glück mittlerweile verzichtet. (Ich drückte diese Knöpfe noch nie mit Absicht und wenn ich sie drückte, ärgerte ich mich, dass ich mit verdrückt habe, weil ich stattdessen "Wiedergabe" oder "Menü" drücken wollte!)
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Andererseits ist auch wieder ein Haufen an Funktionen und Menüeinträge dazu gekommen, die mich keineswegs interessieren. Allein das Modi-Wahlrad könnte mich aufregen.
Ok, dass einer die Motiv-Programme benutzen will, kann ich beinahe nachvollziehen bei einer Einsteiger-Kamera, aber "CA"? Einstellungen wie Blende und Belichtung umschrieben mit "Hintergrund: Unscharf → Scharf" und "Belichtung: Dunkler ← Heller" respektive — das ist totaler Unsinn! Bis ich da ein brauchbares Ergebnis habe, kann ich auch kurz verstehen, wie "P" funktioniert.
Und es geht weiter: Warum ist der Modus für Video-Aufnahme am Ende von den ganzen Motiv-Programmen, gleich nach "Nachtportrait"? Möchte ich vom Av-Modus aus zu Video, muss ich das Rad eine ¾ Umdrehung drehen, das ist weder intuitiv noch angenehm. Oh, doch, intuitiv ist es, wenn ich nicht weiter drehen kann, bin ich bei "Filmen".
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LiveView ist eine manchmal praktische Sache. Ich habe es selten benutzt, aber wenn ich es benutzt habe, hat es mir bessere Bilder und/oder neue Perspektiven ermöglicht.
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Die ultimative Erweiterung von LiveView: Mit der 550D kann man fast professionell filmen. Das verlangt aber auch, dass man nicht einfach durch die Gegend läuft und filmt, sondern, dass man sich — wie, um ein Foto zu machen — den Bildaufbau überlegt, filmt, nächsten Ausschnitt wählt, filmt, usw.
Man kann zoomen und manuell fokussieren, während man filmt. Spaß macht es nicht wirklich. Aber die Schärfewirkung einer Spiegelreflexkamera macht im Film-Fomat wirklich einiges her.
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Die 18 Megapixel dieser Kamera wollen geschrieben werden. Die CR2-Raw-Dateien der 550D sind zwischen 18 und 30 MB groß. Das ist viel Platz. Richtig viel.
Vor allem benutzt die 550D SD-Karten, meine 400D die größeren (vielleicht professionelleren) CF-Karten, also hatte ich erstmal auch ein Problem Speicherkarten aufzutreiben.
Interessant zu wissen: Wandelt man die CR2-Dateien in das DNG-Format ("Digital Negative" von Adobe) um, hat man nicht nur Metadaten, Vorschau und RAW-Daten in einer Datei, sondern spart auch noch etwa 20% Platz (Test mit etwa 500 Bildern). Und ein fünftel mehr Platz zu haben macht sich bei so großen Dateien bemerkbar!
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Das Display ist grandios. Es ist einfach benutzbar. Und dank einigen Spielereinen wie Aufhellen von Schatten und Abdunkeln von Lichtern und automatisches Anpassen von Kontrast direkt in der Kamera wird das Bild von sich aus schon um einiges besser und sieht viel eher nach dem aus, was ich nachher sowieso noch an Daten aus der Raw-Datei heraushole.
Ein Blick auf das geschossene Bild im Display und ich kann endlich wirklich beurteilen, ob es gut belichtet ist und dort scharf ist, wo ich es scharf haben will. Das ist viel wert.
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Ab der Generation nach der 400D hat Canon jeder Kamera Auto-ISO spendiert, wo die Kamera sich eine passende ISO-Einstellung selber aussucht. Das spart Zeit und funktioniert erstaunlich gut, auch in Kombination mit Blenden- oder Zeit-Automatik.
Alles in allem ist das ISO-Verhalten der 550D kaum noch mit der 400D vergleichbar, die Kamera hat 80% mehr Pixel (etwa, oder so; ich zählte nicht nach) und ISO 3200 sieht besser aus als ISO 1600 an der 400D. Ich habe die Begrenzung für Auto-ISO auf 6400 gestellt — ich würde Bilder mit diesem ISO tatsächlich noch verwenden. Außerdem: Auto-ISO benutzt auch ISO-Zwischenwerte (wie ISO 320 oder 1280), welche sonst nicht wählbar sind.
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Was ich nicht getestet habe, aber von dem ich noch kurz sagen wollte, das es da ist: ein Haufen Automatik-Modi, die Möglichkeit, JPEG-Bilder zu speichern, ein Blitz (der sich in den Automatik-Modi selbst ausklappt, nervig) und eine ganze Menge Anschluss-Möglichkeiten (HDMI, ext. Mic, etc.).
Alles in Allem muss ich sagen, man bemerkt 3 Jahre Weiterentwicklung natürlich recht deutlich. Und über die letzten 2 Wochen habe ich mich sehr schnell an Dinge wie Auto-ISO, ISO-Anzeige im Sucher und auch an das viel bessere Display gewöhnt. Doch habe ich deswegen bessere Bilder gemacht? Oder: Wären meine Ergebnisse mit der 400D schlechter gewesen? Ganz im Ernst, ich glaube kaum. Technisch gesehen vielleicht schon, aber die Bild-Inhalte wären dieselben gewesen.
Das Einzige, was ich definitiv nicht mit nach Hause gebracht hätte, wären die kleinen Videoclips, die ich zwischendurch gedreht habe. Aber so künstlerisch wertvoll sind die auch (noch) nicht, dafür bräuchte ich noch mehr Übung und vor allem mehr Geduld. Ich möchte euch aber trotzdem mein erstes Ergebnis nicht vorenthalten, ich habe einen kleinen Zusammenschnitt hier drunter eingebunden (dauert etwa 2,5min).
Das Glas
So, genug über die Kamera geredet; sprechen wir über das, was wirklich einen Unterschied macht: Das Objektiv.
Zu der 550D hatte ich auch das Canon EF-S 15-85mm als Immer-drauf dabei. Im Gegensatz zu der Plastik-Scherbe "18-55mm" (hier die IS-Version) an meiner 400D war auch das ein riesen Unterschied. Das 15-85 hat 3mm mehr Weitwinkel, 30mm mehr Telewinkel, Bildstabilisation und einen Ultraschallmotor. Außerdem wiegt es dreimal so viel wie das 18-55 (das Gewicht der Kamera ist deswegen auch für mich nicht wichtig).
Viele Fotos hätte ich ohne dieses Objektiv tatsächlich nicht machen können, weil ich diese Brennweiten einfach nicht zur Verfügung habe.
Außerdem, und das ist nicht zu verachten: Was bringen mir 18 Megapixel, wenn mein Objektiv nicht scharf genug abbildet, um 4 zu füllen? Das alte 18-55-Kit ist nicht schlecht; ich habe viele gute Bilder damit gemacht. Aber das 15-85 ist viel besser.
Was noch besser ist? Meine Festbrennweiten, die um einiges weniger gekostet haben: Das Canon 28mm f/1.8, das Canon 50mm f/1.8 und das Tokina 100mm f/2.8.
Es geht auch anders
Nochmal etwas ganz wesentliches: Eine bessere Kamera macht nicht unbedingt bessere Bilder. Wirklich. Viele setzen ihre Hoffnung darauf, dass eine neue, teure Kamera mit mehr Megapixel und tollen Automatik-Modi bessere Bilder macht. Tatsächlich ist es aber meiner Erfahrung nach so, dass es größtenteils auf einen selbst ankommt. Was ich aber dennoch schon oft erlebt habe, ist, dass man bessere Bilder mit einer neuen Kamera macht, weil man es dank dieser Anschaffung einsieht, wieder etwas dazu lernen zu wollen, und von Gewohntem abweichen möchte, was dann zu der Verbesserung führt.
Z.B. liebe ich es, mit einem Weitwinkel eine Landschaft zu fotografieren, während ich auf dem Boden liege. Diese Haltung ermöglicht eine ganz neue Wahrnehmung der Umgebung, es braucht aber auch etwas Überwindung, das überhaupt zu probieren. Eine neue Kamera (eigentlich jede neue Kamera) wie ich sie jetzt getestet habe, kann da aber auch etwas Abhilfe schaffen, z.B. mit "LiveView", d.h. man schaut aufs Display statt auf den Sucher. Dadurch kann man sich hinhocken, die Kamera auf den Boden legen und dann recht bequem diese Perspektive ausnutzen, ohne selber viel machen zu müssen. Was ich sagen will: Der Trick ist, auch ohne eine neue Kamera neue Sachen auszuprobieren. So wird man besser, und spart Geld.
Ein super Beispiel, wie man mit einer definitiv nicht hochwertigen Kamera trotzdem wirklich ansprechende Fotos machen kann, ist die iPhone App "Hipstamatic". Sie lässt einen mit der Kamera des iPhones Bilder machen und verpasst ihnen dann je nach Einstellung von Linse, Film und Blitz ein einzigartiges Aussehen, dass an die Ergebnisse der Plastik-Kamera "Hipstamatic" aus den 80ern erinnern soll. Ich habe im Urlaub fast jeden Tag ein paar Bilder damit gemacht und bin immer wieder überrascht, wie ausdrucksstark diese Schnappschüsse sein können.
Fazit
Viel zu viel Text, wie immer. Aber was ist mein Fazit von all dem? Lohnt es sich, auf die 550D zu wechseln? Und, Überraschung, das hängt ganz davon ab, was man machen möchte. Für den Urlaub hat sie mir geholfen, ich habe einiges Neues gemacht und auch vieles davon zu schätzen gelernt. Aber: In nächster Zeit werde ich wieder reguläre Fotos in alt-bekannter Umgebung machen, selbst mit einer neuen Kamera. Und für mich als Studenten sind 700€ für eine Kamera sehr viel Geld. Klar, es ist dauerhafte Investition und es würde meinem Hobby sicher auch dauerhaft weiter helfen; aber ich werde diese Investition jetzt noch nicht tätigen, einfach, weil ich sie im nächsten halben Jahr kaum nutzen könnte. Und das wäre wirklich nur verschwendet. Das ist meine persönliche Situation.
Allgemein kann ich die Canon EOS 550D nur empfehlen. Wer noch keine Spiegelreflexkamera hat und sich überlegt, in dieses Segment einzusteigen (auch wegen den dazugekommenen HD-Video-Möglichkeiten), der wird an dieser Kamera viel Freude haben. Was ich aber jedem auch nur raten kann: Vorher einmal in einen Foto-Laden gehen und verschiedene Kameras in die Hand nehmen.
Die Leica M9 ist als Messsucher-Kamera kleiner (kein Spiegel), einfacher zu bedienen und macht mit Leica-Objektiven definitiv technisch bessere Fotos — aber erwähnte ich den Preis? Selbst wenn ich mir eine 5000€-Kamera problemlos leisten könnte, wäre ich mir nicht sicher, ob mir eine Kamera auch soviel wert wäre. ↩
Die Av-Taste (oder wie sie auch heißt) ist zum Einstellen der einer alternativen Einstellung. Ja, das klingt komisch. Z.B.: Av drücken und am Wahlrad drehen für Blenden-Einstellung bei Manuell, ohne Av-Drücken wüde man die Belichtungszeit einstellen. ↩