Konsequenzen als Gott

• etwa 800 Worte

Eine Satire in Anlehnung an heutige Probleme eines modernen Frankenstein-Monsters, den Briefträger-Roboter-Hund.

Der fol­gende Text ist meine Lite­ra­tur-Haus­auf­gabe für den 9. Januar 2009, bezüg­lich Schrei­b­ideen nach dem Hören eines Aus­schnit­tes von »Fran­ken­stein« von Mary Shel­ley[1].

Über Fran­ken­steins Mons­ter wurde schon viel dis­ku­tiert. Wie es lau­fen gelernt hat, was es wohl bevor­zugt essen wollte, ob sein ers­tes Wort »Mama« war, etc. pp. Auch ein bekann­tes Dis­kus­si­ons­thema war die Frage nach dem Recht, mit dem Fran­ken­stein die­ses Leben erschaf­fen hat. Durfte er das ein­fach so? Sollte man Kin­dern ver­bie­ten, dass zu Hause nach­zu­ma­chen?

Was jedoch mei­ner Mei­nung nach immer wie­der ver­nach­läs­sigt wurde, sind die Kon­se­quen­zen, die man zu tra­gen hat, wenn man dann so ein Mons­ter hat. Fran­ken­stein hatte es da ziem­lich leicht; er wusste, dass sein Mons­ter nicht kom­pa­ti­bel zur Gesell­schaft ist und hatte somit keine Gewis­sens­kon­flikte, es zu jagen.

Aber wie ist es, wenn Men­schen Wesen erschaf­fen, die sich in das Zusam­men­le­ben der Men­schen inte­grie­ren und ein­mal Bestand­teil des­sen sein sol­len? Wer ist ver­ant­wort­lich, wenn ein gen­ma­ni­pu­lier­ter Brief­trä­ger-Robo­ter-Hund™ (GBRH[2]) 2042 aus uner­klär­li­chen Grün­den in einem Dorf alle Brief­käs­ten ver­nich­tet? Gibt es dann neben einem Ein­bruch der Post-Aktie noch gericht­li­che Fol­gen gegen den Erschaf­fer/​Pro­du­zen­ten/​Ver­käu­fer des Hun­des?

Bei Kin­dern ist das heute mehr oder weni­ger gut gere­gelt. Ein­mal durch die Kind­heit selbst, und dann noch durch die Eltern, die haf­ten. Also ist es einem Kind zunächst ein­mal kaum mög­lich, Brief­trä­ger zu wer­den; und, sollte es das Kind trotz­dem schaf­fen, und dann nach drei Häu­sern keine Lust mehr haben und mit sei­nem Fahr­rad die Brief­käs­ten demo­lie­ren, haf­ten die Eltern (zum deren Glück ist ein nor­ma­les Kind auch meis­tens nicht so schnell und effek­tiv bei der Destruk­tion die­ser Brief­käs­ten wie ein GBRH).

Nur, wer sind denn die Eltern von unse­rem GBRH? Und, wer­den GBRHe irgend­wann voll­jäh­rig bzw. als selbst­stän­dig aner­kannt?

Darin liegt wohl auch der Knack­punkt der Sache. Wenn Men­schen erwach­sen, voll­jäh­rig und viel­leicht sogar Teil der Gesell­schaft sind, sind sie für sich selbst ver­ant­wort­lich. Zumin­dest sehen andere Mit­glie­der der Gesell­schaft die­sen Men­schen als selb­stän­dig an und machen ihn für jede ein­zelne sei­ner Taten ver­ant­wort­lich[3]. GBRHe dage­gen sind bis­her unge­prüft im Bezug auf ihre Akzep­tanz von Nach­sa­gen schlech­ter Taten durch Dritte und damit kann bis­her keine klare Aus­sage getrof­fen wer­den, ob sie in der Gesell­schaft nicht für Pro­bleme sor­gen wür­den.

Aber schauen wir uns doch ein­mal an, wie Gott das so mit uns Men­schen geschafft hat. Ein Groß­teil der Mensch­heit glaubt, Gott sei unser Erschaf­fer/​Pro­du­zent/​Ver­käu­fer, daher kön­nen wir ihn im Bezug auf uns sicher als gutes Vor­bild für uns im Bezug auf GBRHe neh­men. Also, ist Gott ver­ant­wort­lich?

Die ein­deu­tige Ant­wort ist: Viel­leicht. Also ent­we­der wir Men­schen sind frei und kön­nen machen was wir selbst wol­len, d.h. Gott ist nicht ver­ant­wort­lich, oder wir sind es nicht, alles ist vor­be­stimmt und Gott trägt die Ver­ant­wor­tung. (Oder irgend­was dazwi­schen, aber das kann man noch weni­ger nach­wei­sen, also las­sen wir das mal aus­sen vor.) Da sich aus letz­te­rem Ansatz auto­ma­tisch ergibt, dass er auch schon bestimmt hat, ob wir für GBRH ver­ant­wort­lich sind, oder nicht, und wir das nur noch nicht erfah­ren haben, bzw. Gott im Prin­zip dann auch wie­der für GBRHe ver­ant­wort­lich ist.

Da wir jedoch aus ande­ren Wis­sen­schaft wis­sen, dass die Lösung, die am ein­fachs­ten erscheint, im sel­tens­ten Fall auch die rich­tige ist[4], soll­ten wir auch über­prü­fen, was sich aus ers­te­rem Ansatz ergibt, der mensch­li­chen Frei­heit.

Denn wenn Gott will, dass wir Men­schen frei sind, ist es bestimmt auch in sei­nem Sinne, GBRHen die Chance auf ein eige­nes Leben nach ihren Vor­stel­lun­gen zu geben. D.h., GBRHe wären frei, und nicht irgend­wel­chen Men­schen unter­stellt.

Pro­ble­ma­tik hier wäre jedoch nicht das all­ge­meine Prin­zip der Frei­heit, son­dern eher die Tat­sa­che, dass viele der Mei­nung sind, dass man mit freien und selbst­stän­di­gen GBRHen in „Teu­fels Küche“ kommt, womit der eben erwähnte Wille Got­tes jedoch wie­der in Frage gestellt wird, und keine klare Reso­lu­tion mög­lich scheint.

Schluss­end­lich lässt sich also fest­stel­len, dass es keine leichte Ent­schei­dung ist, wie man mit einem selbst­ge­schaf­fe­nen Mons­ter umge­hen will/​soll/​muss. Daher kann ich zur Zeit nur emp­feh­len, die An- bzw. Erschaf­fung eines sol­chen auf „spä­ter“ zu ver­schie­ben, da diese Fra­ge­stel­lung wesent­lich ein­fa­cher zu klä­ren ist, sobald eine Rege­lung im Bezug auf Ali­ens exis­tiert, sodass man statt theo­lo­gi­schen Irr­we­gen einen direk­ten Ver­gleich durch zwei bis drei Wurm­lö­cher hin­weg zie­hen kann.


  1. Lest euch mal bei Wiki­pe­dia was über den Roman durch, wenn ihr das Ori­gi­nal mit der Ori­gi­nal-Story nicht kennt.

  2. Ein bei­spiel­haf­ter Ver­tre­ter Fran­ken­stein'­scher Mons­ter.

  3. Zumin­dest für jede schlechte Tat, für jeg­li­che gute Taten sind sie nach eige­nen Aus­sa­gen meis­tens selbst ver­ant­wort­lich.

  4. vgl. Mur­phys Gesetz