Seit ein paar Wochen versuche ich immer mehr Fotos, die mehr Überblick bieten als meine bisherige Perspektiven. Immer mehr richte ich mein Auge auch auf gesamte Landschaften und nicht nur auf die Details, wie ich es sonst so liebe. Aber Landschaftsfotografie ist nicht nur »Kamera hinhalten und drauf drücken«, denn, wie man z.B. bei Martin sieht, unterscheiden sich gute Fotos doch sehr stark von diesen Schnappschüssen. Ich habe in den letzten Wochen mir teils ziemlich intensiv darüber Gedanken gemacht, wie ich zu besseren Aufnahmen meiner Lieblingslandschaften kommen kann, und möchte euch hier einen kleinen Überblick bieten.
Das Wichtigste, das Motiv
Im Vertrauen auf Photoshop stehen viele Fotografen vor ihrem Motiv, schauen kurz durch den Sucher und drücken ohne groß Nachzudenken ab, »den Rest mach ich zu Haus«. Ganz im ernst, so geht es mir auch viel zu oft. Aber statistisch gesehen schaffen es solche Fotos bei mir so gut wie nie.
Was ein Foto von eine Schnappschuss unterscheidet ist vor allem die Komposition[1], das bewusste Verwenden der Technik und die Intention eines Fotos. Mit Intention meine ich hier nicht das Ziel eines »Erinnerungsfotos«, sondern viel mehr das Übermitteln von Emotionen, Eindrücken und Aussagen, die einen Betrachter das Foto erleben lassen.
Was dabei besonders bei der Landschaft wichtig ist, ist der Bildinhalt. Da weitläufige Landschaften normalerweise auch mit einem möglichst starken Weitwinkel Objektiv aufgenommen werden (um eben möglichst viel Landschaft einzufangen), kann es sehr schnell passieren, das viel zu viel auf dem Bild ist.
Bei meinem Foto »The Lonely Tree« (das direkt hierüber) war z.B. die Szene alles andere als ein einsamer Baum. Direkt vor dem Baum verläuft ein kleiner Graben (ein ausgetrockneter Bach) und rechts daneben stehen drei weitere Bäume. Wären diese Sachen aber alle noch auf dem Foto, käme der Baum vor den Wolken so nie zum Ausdruck.
Und wo finde ich die passenden Motive?
Draußen. Definitiv. Ich habe leider noch keine Formel gefunden, um anhand von Geo-Koordinaten die idealen Landschaften ausfindig zu machen, deshalb bevorzuge ich es momentan noch, einfach so mit dem Rad und Fotorucksack durch die Gegend zu fahren und dort anzuhalten, wo ein gutes Foto lauern könnte. Ist man speziell auf Fotos von Feldern oder Bäumen aus, hat man natürlich schon einen Vorteil und weiß, wo man suchen muss, aber viel zu oft übersieht man bei diesen Suchen auch viele mögliche Motive. Alles in Allem hilft wohl nur: Augen offen halten!
Aber ohne Bearbeitung geht trotzdem nichts
Die meisten Fotos, die direkt aus meiner Kamera kommen, sind alles andere als fertig. Neben der typischen RAW-Entwicklung spielen für mich bei Landschaftsfotos auch noch viele andere Aspekte eine Rolle, ohne die meine Fotos ehrlich gesagt nicht einmal halb so gut erscheinen. Wie für Ansel Adams (siehe) ist für mich das Negativ bzw. die RAW-Datei[2] nur ein Zwischenschritt zum fertigen Bild, der Grundstein aber nicht Alles des finalen Fotos ist.
Für mich spielen dabei vor allem die Illusionen eine Rolle, die in dem Foto zu finden sein müssen. Wie oben schon erwähnt sollen meine Fotos Emotionen, Eindrücke und Aussagen übertragen, aber nur mit visuellen Mitteln ist das nicht ganz so einfach, wie im realen Leben. Deshalb bleibt einem Fotografen am Ende doch nur das Licht, also die Helligkeit und deren Verlauf bzw. Verteilung, die Perspektive und die Farbe, sofern das Foto denn farbig ist. Und die (digitale) Nachbearbeitung bietet ideale Möglichkeiten, genau auf eine Verbesserung dieser Illusionen hinzuarbeiten.
Andererseits kann man durch geschicktes Post-Processing seine Bilder auch noch stark manipulieren und ihnen somit viel eher einen noch stärkeren Ausdruck geben (wobei man es auch wieder nicht übertreiben darf). Bei dem Foto «Dreaming Of Summer« (weiter unten) z.B. hatte ich als Grundlage ein neutral belichtetes, langweiliges Foto mit einem kaum zu erkennenden Schärfenverlauf. Die oben genannten Illusionen Perspektive/Raum sowie Lichtverteilung waren kein Problem, aber der Flair eines warmen Sommertages, den ich ja ausdrücken wollte, kam keineswegs so rüber. Meine Lösung war hier einmal ein ziemlich übertriebener Weißabgleich (10.000K), und eine in Photoshop hinzugefügte Unschärfe zum Rand hin mit etwas Vigenttierung.
Zuviel fürs Kit?
Aktuell mache ich meine Landschaftsfotos generell mit meinem Kit-Objektiv 18–55mm (das alte, ohne IS), da es mir mit 18mm×1,6 den meisten Weitwinkel bietet. Doch den Preis des Objektivs sieht man den Bildern bei genauem Betrachten wirklich an. Nicht bei 500px, kaum bei 1024px, aber bei Originalgröße doch sehr deutlich. So bietet es meines Erachtens nach auch stark abgeblendet (Blende 8 und mehr, wie es für Landschaftsfotos sein sollte), immer noch nicht den Kick an Schärfe, der den Fotos unter Umständen wirklich helfen könnte. Deshalb schaue ich mich zur Zeit im Weitwinkel-Zoom-Bereich etwas genauer um, jedoch mit dem Gedanken, mit der nächsten Kamera möglichst auf Vollformat umzusteigen.
Fazit
So, das waren im Groben etwa die Sachen, die ich bei meinen Landschaftsfotos versuche anzuwenden. Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick in die Thematik geben! Aber weil alles theoretische Gerede nicht so viel sagen kann, wie ein paar wirklich gute Bilder, sind meine heutigen Empfehlungen Martins Landschaftsfotos, Kevin Days Fotos (especially his friend, the dead tree) und meine Favoriten bei Flickr!
Es gibt einige gestalterische Richtlinien und Regeln, an die man sich halten kann. Problem ist dabei jedoch, dass das Brechen dieser Regeln auch als Gestaltungsidee verstanden werden kann. Hilfreiche Links: Wie Martin Bäume fotografiert und spezielle Infos zum Goldenen Schnitt. ↩
Meiner Meinung nach steht es außer Frage, dass ich RAW für alle meine Fotos verwende, und nicht das von der Kamera generierte JPEG. RAW-Dateien sind für mich wie Negative, wo einfach alle Informationen drin sind, die meine Kamera speichern kann. JPEGs zu bearbeiten ist dagegen wie das Zurechtschneiden von Abzügen. ↩