Mein Foto Workflow

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Wie ich meine Fotos mit Lightroom bearbeite und verwalte

Fotos machen, in Lightroom importieren, sortieren und gruppieren, bearbeiten, Stichwörter und Titel vergeben, exportieren und veröffentlichen.

Ich finde es immer total inter­es­sant, wenn ich von ande­ren Foto­gra­fen erfah­ren darf, wie sie ihre Fotos nach dem Auf­neh­men ver­ar­bei­ten. Ich selbst habe mei­nen "Foto-Work­flow" vor kur­zem (im Urlaub) noch mit Light­room kom­plett geän­dert und möchte ein­mal kurz sagen, was ich mir dabei gedacht habe.

Update (1 Aug 10): Die­ser Arti­kel ist von August 2008, also (zur Zeit) fast zwei Jahre alt. Er ist einer der am meis­ten gele­se­nen Arti­kel hier und als ich vor kur­zem diese Seite neu gemacht habe, habe ich ihn noch ein paar mal gele­sen (und z.B. die klei­nen Dia­shows ein­ge­fügt). Es ist bemer­kens­wert: Seit ich vor zwei Jah­ren die­sen Work­flow für mich ein­ge­führt habe, habe ich kaum etwas geän­dert! Ich orga­ni­siere heute meine Fotos immer noch genau so (wenn auch jetzt mit Light­room 3 statt 2). Ein Zei­chen dafür, dass es sich lohnt, sich einen guten Work­flow anzu­eig­nen!

Ers­tens: Fotos machen

Der mit Abstand wich­tigste Schritt. Grund­sätz­lich bin ich zwar der Mei­nung, dass man mit der Nach­be­ar­bei­tung eines Fotos[1] gut die Hälfte der end­gül­ti­gen Qua­li­tät aus­ma­chen kann, aber auch das ganze Foto ver­nich­ten kann. Und, wie immer, was man beim Druck auf den Aus­lö­ser inhalt­lich ver­passt hat[2] kann man auch spä­ter nicht ver­bes­sern.

Meine Aus­rüs­tung ist zur Zeit eine Canon 400D mit 3 Objek­ti­ven (Canon Kit 18–55mm, Sigma 55–200 und Tokina 100 Makro). Dazu einen Ersatz­akku, 1×4GB San­disk Ultra II CF-Karte, eine Trans­cend CF-Karte mit 16GB und 133x (gut 20MB/​s) und als immer-dabei Sta­tiv einen Goril­la­pod (SLR-Zoom). Das alles in einem Tam­rac Adven­ture 7 Ruck­sack[3].

Zwei­tens: Von der Karte auf die Platte

Golden Night In Blue Times Just Don't Hurry Listening To The Waves

Ers­ter Schritt ist natür­lich, die Fotos erst­mal auf den Rech­ner zu bekom­men. Mit Light­room ist das auch kein Pro­blem, sobald ich die Karte in mei­nen schnel­len Trans­cend Kar­ten­le­ser ein­lege, zeigt es mir sein Import­fens­ter an, ich gebe ein paar Tags ein und los geh­t's. Meine Vor­ein­stel­lung ist, dass alle Fotos nach /Jahr/​Monat/​Tag/ in Ver­zeich­nisse sor­tiert wer­den.

Ideal wäre für mich, wenn ich meine Iomega Ultra­max (2×500GB) für meine Fotos alleine als Raid 1 benut­zen könnte und zudem die aktu­el­len noch unbe­ar­bei­te­ten Ord­ner mit Fotos intern spei­chern könnte. An sich ist das mit Light­room ja kein Pro­blem, ein­fach den Ord­ner auf die andere Platte zu ver­schie­ben, jedoch soll­ten die Fotos ja dort schon längst gesi­chert sein (in unbe­ar­bei­te­ten Sta­dium). Mal sehen was sich da noch machen lässt.

Drit­tens: Sor­tie­ren und Grup­pie­ren

Als nächs­ter Schritt gehe ich die grade impor­tier­ten Fotos ein­mal kom­plett durch, sta­pele Seri­en­auf­nah­men und mar­kiere tech­nisch miss­lun­gene Auf­nah­men als »Abge­lehnt« (Rejec­ted-Flag). Wenn ich das ein­mal grob durch habe, habe ich meis­tens eini­gen Auf­nah­men auch schon ein paar Sterne gege­ben. Ich bewerte meine Fotos grund­sätz­lich nach die­sem Mus­ter:

Dabei ver­gebe ich im ers­ten Durch­se­hen nur sehr sel­ten schon vier oder gar fünf Sterne, son­dern maxi­mal drei und mar­kiere sol­che, die auf jeden Fall zu Flickr sol­len als »Aus­ge­wählte« (Pick-Flag). Nach­dem ich dann die 3-Sterne-Fotos bear­bei­tet habe, ver­gebe ich dann den bes­ten davon vier Sterne. Fünf Sterne ver­gebe ich erst, wenn ich nach ein paar Tagen oder Wochen zu den Fotos zurück­kehre und sie mir von neuem ansehe. Wenn sie dann noch, rela­tiv zu mei­nen neue­ren Auf­nah­men, so über­zeu­gend sind wie an dem Tag der ers­ten Bear­bei­tung, haben sie die volle Punkt­zahl ver­dient. Bis jetzt muss ich aber ehr­lich sagen, dass ich es noch nicht geschafft habe, meine »Best of each day«-Smart-Set (alle 4-Sterne-Fotos) noch ein­mal durch­zu­ge­hen, um einige 5-Sterne-Fotos aus­zu­wäh­len.

Vier­tens: Bear­bei­ten

Living Between The Flowers Hey Buddy, I Was Waiting For You Escaping From Society

Wenn ich jetzt eine grobe Aus­wahl des Bild­ma­te­ri­als tref­fen kann, ver­su­che ich zunächst alle Fotos mit drei oder mehr Ster­nen zu bear­bei­ten. Dabei habe ich meis­tens bei jedem Foto schon eine grobe Idee, was wie sein soll und was ich warum machen kann. Gene­rell benutze ich dafür aber keine Pre­sets oder so, son­dern habe mich mit den Schal­tern in Light­room so ver­traut gemacht, dass ich in etwa weiß, was die meis­ten von ihnen wie machen, und vor allem wozu ich sie ein­set­zen kann.

Bei den meis­ten aus­ge­wähl­ten Fotos kor­ri­giere ich nur die so genann­ten Grund­ein­stel­lun­gen (wel­che zum Teil auch bequem im His­to­gramm erreich­bar sind). Durch Ver­schie­ben der Hel­lig­keit/​Belich­tung, dem Anpas­sen der Klar­heit und dem Kon­trast errei­che ich bei vie­len Fotos meist schon mit wenig Ver­än­dern brauch­bare Effekte.

Beson­ders cool sind in Light­room 2 jetzt die Dodge&Burn Funk­tio­nen mit dem Kor­rek­tur­pin­sel und dem Ver­laufs­fil­ter. Damit kann man gene­rell eine Menge Dyna­mik aus den Bil­dern her­aus­ho­len, und mit 12 Bit oder mehr an Farb­tiefe in einem RAW-Foto auch noch sehr viele »ver­deckte« Details erhel­len bzw. abdun­keln. So habe ich mir mitt­ler­weile fast schon ange­wöhnt, jedes sehr gute Foto noch durch ein paar Fein­hei­ten mit dem Pin­sel zu ergän­zen.

Auch inter­es­sant ist es, Fotos zunächst Schwarz-Weiß zu gestal­ten (und dadurch Kon­traste sehr gewählt beto­nen zu kön­nen) und anschlie­ßend durch »Teil­to­nung« und die Tönung von bestimm­ten Ver­läu­fen und Mas­ken wie­der etwas nach zu kolo­rie­ren. So kann ich einem Foto sozu­sa­gen sein gesam­tes Far­ber­schei­nen neh­men und nur mit den For­men und Kon­tras­ten etwas neues gestal­ten. Einige mei­ner Mono­chrom-Ver­su­che fin­det ihr in die­sem Set.

Wie oben schon erwähnt, bewerte ich nach dem Bear­bei­ten die Fotos meist noch ein­mal auf oder ab. Wenn ich z.B. ein Foto fer­tig bear­bei­tet habe und sehe, dass es doch nicht das Poten­zial hat, was ich ihm zuge­traut habe, ver­rin­gere ich es auf zwei Sterne. Oder, wenn mich die Bear­bei­tung wirk­lich über­zeugt, erhöhe ich es auf vier Sterne.

Fünf­tens: Stich­wör­ter und Titel

Walking Away From One Of My Dreams Thrown Out, Said The Green One

Ich habe jetzt so gut wie alle »guten« Fotos mehr oder weni­ger bear­bei­tet und wenn ich jetzt nach Fotos mit drei oder mehr Ster­nen fil­tere, habe ich einen meist ganz guten Über­blick über die bes­ten Fotos des Tages. Aktu­ell schaf­fen es meis­tens gut 10-20% der Fotos in diese Aus­wahl (wobei man das nicht genau fest­le­gen kann, weil viele Fotos gesta­pelt sind).

Da es mir viel zu läs­tig wäre, im vor hin­ein allen Foto schon Stich­wör­tern zuzu­wei­sen (außer gene­relle Stich­wör­ter beim Import), mache ich das erst, wenn ich diese Aus­wahl von fer­ti­gen und guten Fotos vor mir habe. Zudem hat das den Vor­teil, dass ich dann auch nur fer­tige und gute Fotos finde, wenn ich nach einem bestimm­ten Stich­wort suche.

Zunächst ver­su­che ich mög­lichst grobe Stich­wör­ter mög­lichst vie­len Fotos zuord­nen zu kön­nen, z.B. »Land­schaft, People, Nacht, Strand« usw., das hilft spä­ter bei Flickr und in Light­room bei der Erstel­lung von Smart Sets immer eine Menge. Danach gehe ich meis­tens die Fotos ein­zeln durch und beschreibe erst­mal in Stich­wör­tern alles, was auf dem Bild zu erken­nen ist, z.B. »Buch, Couch, Drin­nen, Haus, Mole­s­kine, rot, Sofa, Woh­nung, Zim­mer«. Ver­ein­zelt schaffe ich es auch, den Fotos noch andere, inter­pre­tie­rende Stich­wör­ter zu geben wie »Trauer, Ein­sam­keit, Leere«.

Momen­tan ver­gebe ich Stich­wör­ter immer zwei­spra­chig, d.h. ein Foto bekommt sowohl »Buch« als auch »Book« als Stich­wort zuge­wie­sen. Wer ähn­lich ver­fährt, dem sei gesagt: Light­room kann hier Abhilfe schaf­fen! Denn wenn man sich die Eigen­schaf­ten eines Stich­wor­tes im Stich­wort-Bereich (Biblio­thek-Modul, rechts das vierte) ansieht, bemerkt man sehr schnell, dass man ein­zel­nen Stich­wör­tern auch Syn­onyme zuwei­sen kann, die dann auch mit expor­tiert wer­den. Lei­der weiß ich zur Zeit noch nicht, ob diese dann auch durch­sucht wer­den und wie man ein­fach schon ver­ge­bene Stich­wör­ter ande­ren als Syn­onym zuwei­sen kann. Aber wenn ich mal viel Zeit und Lan­ge­weile habe, werde ich mir das ganze ein­mal zu Gemüte füh­ren und in dem Spra­chen-Wirr-Warr auf­räu­men. (Eine große Über­sicht aller Stich­wör­ter mit Optio­nen etc. in einem Fens­ter wäre für zukünf­tige Light­room-Ver­sio­nen echt cool, Adobe!)

Nach­dem ich allen guten Fotos Stich­wör­ter zuge­wie­sen habe, wech­sele ich meis­tens wie­der in eine unge­fil­terte Ansicht mit allen Fotos des Shoo­tings/​Tages und füge noch wei­tere Meta-Daten ein. Beim Import setze ich z.B. schon Die IPTC-Tags für Foto­graf und Copy­right, was aber noch kom­plett fehlt ist eine Orts­an­gabe. So ver­gebe ich z.B. für (meis­tens) alle Fotos »Land«, »Bun­des­land« und »Stadt«. Unter »Ort« beschreibe ich dann die ver­schie­de­nen Loca­ti­ons, oft wirk­lich eher beschrei­bend, als das ich den Namen von dem pas­sen­den Feld­weg nach­schaue. Sobald es für Light­room ein geschei­tes Geo-Tag-Plu­gin gibt, werde ich das sicher an die­ser Stelle auch noch ver­wen­den (damit ich nicht die häss­li­che Karte von Flickr benut­zen muss).

An die­sem Punkt haben sich meis­tens im Ver­laufe des mehr­ma­li­gen Durch­se­hen auch schon die Fotos her­aus­kris­tal­li­siert, die es sich lohnt zu Flickr hoch­zu­la­den. Ich sage das mit Absicht so vage, da es wirk­lich meis­tens nur eine sehr kleine Aus­wahl von Fotos ist, die ich auch wirk­lich hoch­la­den möchte. Denn ich möchte mei­nen Pho­to­stream nicht mit dop­pel­ten/​ähn­li­chen Fotos oder Schnapp­schüs­sen fül­len, son­dern nur neues und mög­lichst immer bes­se­res Mate­rial hoch­la­den. Daher lade ich manch­mal wochen­lang lie­ber gar nichts hoch, als irgend­et­was mit dem ich nicht zufrie­den bin.

Als letz­ten Schritt vor dem Export zu Flickr gebe ich den Flickr-wür­di­gen Fotos eine blaue Mar­kie­rung sowie einen Titel und manch­mal auch noch eine Beschrei­bung. Damit habe ich in Light­room im Prin­zip alle Meta­da­ten schon gesetzt, sodass ich auf Flickr eigent­lich nichts mehr ein­tra­gen müsste.

Sechs­tens: Expor­tie­ren und Ver­öf­fent­li­chen

Nun habe ich also die finale Flickr-wür­di­gen Fotos direkt vor mir, und kann sie mit einem Export-Pre­set bequem expor­tie­ren. Ich expor­tiere meine Fotos grund­sätz­lich als JPEG mit 95% Qua­li­tät und in Ori­gi­nal­größe. Damit habe ich auch immer ein Backup einer brauch­ba­ren Auf­lö­sung und Qua­li­tät, aber auch das Risiko, dass Flickr sie Leu­ten zugäng­lich machen könnte, die sie eigent­lich nicht haben soll­ten.

Das Pre­set lässt nach dem Export die Fotos auto­ma­tisch im Flickr Uploadr öff­nen, der noch etwas mehr Kom­fort bie­tet als das Flickr Export Plu­gin für Light­room. Dort schaue ich, ob alle Daten stim­men (aktu­ell hat er oder Light­room Pro­bleme mit Umlau­ten in Tags) und füge die Fotos den pas­sen­den Sets zu. Ich schaue mir die ein­zel­nen Bil­der noch ein­mal kurz an und sor­tiere sie in etwa so, dass das beste Foto auf Flickr zu erst erschei­nen wird. Dann muss ich eigent­lich nur noch auf »Upload« kli­cken und war­ten, bis alles oben ist.

Update: Light­room 4 hat Upload zu Flickr und ande­ren Sei­ten bereits inte­griert.

Achja: Warum eigent­lich Light­room?

It's About That Kind Of Love Flowing Everywhere Sing!

Viele benut­zen zum Bear­bei­ten und Sor­tie­ren ihrer (RAW-) Fotos auch ein­fach den Fin­der/​Explo­rer/​Adobe Bridge und Pho­to­shop/ bzw. die RAW-Ver­ar­bei­tungs­soft­ware, die bei der Kamera mit­ge­lie­fert wird. Warum sollte man also am Ende viel zu viel Geld für Light­room (oder Aper­ture) aus­ge­ben, wo man doch so auch alles mach kann? Ich ver­kaufe jetzt zwar keine Adobe- oder Apple-Pro­duke, aber Light­room/​Aper­ture ist als Prin­zip doch sehr über­zeu­gend, und Light­room beson­ders mit den Neue­run­gen in Light­room 2.

So ist Light­room (wie auch Aper­ture) dazu gedacht, vom Import bis zum Export die Fotos zu »beglei­ten« und effek­tiv und ent­spre­chend zu ver­ar­bei­ten: Im Gegen­satz zum Explo­rer oder auch Bridge ist es extra für Foto­gra­fen ent­wi­ckelt wor­den. Außer­dem ist die kom­plette Ent­wick­lung der Fotos non-destruc­tive, die ori­gi­nale (RAW-)Datei bleibt unver­än­dert erhal­ten und nur die Ände­run­gen wer­den nur »auf­ge­schrie­ben« und als Vor­schau gespei­chert. So kann man also ein­fach und bequem einen Kata­log von zig tau­send Fotos ver­wal­ten, die Fotos mit Stich­wör­tern und Titeln ver­se­hen, danach Sets erstel­len[4] und wenn man fer­tig ist als Dia­show prä­sen­tie­ren, sie dru­cken oder expor­tie­ren und hoch­la­den. Kein läs­ti­ges rumkli­cken in Ord­nern, son­dern alle Fotos an einer Stelle gut sor­tiert fin­den.

Fazit

Ich hoffe, ich konnte euch mei­nen Foto-Work­flow eini­ger­ma­ßen nahe­le­gen und kann euch nur dan­ken, dass ihr so lange durch­ge­hal­ten habt, obwohl ich wie immer viel zu viel geschrie­ben habe. Ich würde mich freuen, wenn ihr ein paar Tipps aus mei­nen Erfah­run­gen raus­ho­len konn­tet und würde mich freuen, wenn ihr mir viel­leicht auch noch paar Tipps oder Anmer­kun­gen geben könn­tet! Und wie am Anfang schon gesagt, ich bin auch an euren Work­flows inter­es­siert, also scheut euch nicht, einen Kom­men­tar zu schrei­ben!


  1. Es geht hier um küns­ter­lich-aus­ge­rich­tete Fotos. Foto­jour­na­lis­ten soll­ten net­ter­weise auf eine zu lange Pho­to­shop-Ses­sion vor dem Schrei­ben der Repor­tage ver­zich­ten.

  2. »Die rich­tige Wahl des Moments« sei hier nur kurz ein­ge­wor­fen.

  3. Die Links oben sind Ama­zon-Affi­liate-Links, wenn ihr dar­über etwas kauft, bekomme ich von Ama­zon ein klei­nes Dan­ke­schön. Für euch ändert sich nichts.

  4. Light­room kann seit Ver­sion 2 auch end­lich Smart-Sets! Dazu und zu ande­ren neuen Sachen in LR 2 fin­det ihr hier auf Pho­to­sho­pU­ser.com übri­gens ganz nette Tuto­ri­als.